Unbesetzte Ausbildungsplätze – Schuld sind immer die anderen?
58 % der von uns befragten Unternehmen konnten im Ausbildungsjahr 2022 nicht alle Ausbildungsplätze besetzen. Wir wollten von den Schüler*innen und Azubis sowie von den Unternehmen wissen, was die Ursachen dafür seinen könnten. Der demografische Wandel allein ist es nicht.
Aus Sicht der Azubis waren die TOP 3 Gründe für die mangelnde Besetzung:
1. Die fehlende Berufsberatung in den Schulen (50 Prozent)
2. Der Anspruch der jungen Generation (41 Prozent)
3. Corona (28 Prozent)
Der demografische Wandel belegte mit 13 % den neunten Platz. Und wie sahen das die ausbildenden Unternehmen? Gar nicht so anders:
TOP 3 Gründe der Unternehmen:
1. Mangelnde Eignung der Bewerbenden (54 Prozent)
2. Fehlende Berufsberatung in den Schulen (45 Prozent)
3. Anspruchshaltung der jungen Generation (35 Prozent)
Hier sind wir bei einem meiner Lieblingsergebnisse der Azubi-Recruiting Trends 2023: die gefühlte mangelnde Eignung der Bewerbenden auf der einen Seite und auf der anderen Seite die Art und Weise, wie Unternehmen diesen Mangel feststellen.
Aus der Studie 2022 wissen wir: 75 % der Unternehmen gehen davon aus, dass die Fachkompetenzen ihrer Bewerbenden in den nächsten 5 Jahren sinken werden. 👎🏼
Wirklich? Scheint ein Jahrtausend Jahre alter Trend zu sein. Schon Sokrates soll gesagt haben, dass die Jugend von heute Lehrer ärgert und mit dem Essen kleckert. Fakt ist: Kompetenzen sinken nicht, sie verändern sich. Und das ist gut so. Die Welt verändert sich und damit die Anforderungen, die an uns Menschen gestellt werden. Und an diese Anforderungen passen sich unsere Kompetenzen an (zumindest bisher – bei der aktuellen politischen Situation kommen da bei mir gerade durchaus Zweifel auf). Es ist kein Sinken, es ist ein „sich verändern“. Es erscheint uns nur wie ein Sinken, weil wir uns selbst als Vergleichsmaßstab anlegen. Das erklärt zum einen das Gefühl fehlender Eignung.
Woran machen die Unternehmen mangelnde Eignung überhaupt fest? Unter anderem am allgemeinen Eindruck der Bewerbung (42 Prozent) oder dem Anschreiben (39 Prozent). Da bekomme ich als zertifizierte Eignungsdiagnostikerin schon Schluckauf. Etwas, von dem ich nicht weiß, wer es geschrieben hat (Chat GPT sagt „hallo“) sagt etwas über Eignung aus? 🤡 Wohl kaum. Der „allgemeine Eindruck einer Bewerbung“ sagt auch bei kaum einem Beruf etwas über Eignung aus. Unternehmen nutzen also Verfahren zur Eignungsfeststellung, die Eignung überhaupt nicht valide vorhersagen.
Valide Verfahren, wie Eignungstests erhalten von Azubis größere Zustimmung als von Unternehmen???
Und ist Schule wirklich der richtige Ort und verfügt über das passende Personal für gute Berufsorientierung?
Eine Frage, die schon bei Spiegel Online für viel Diskussionsstoff sorgt. Ich persönlich glaube, wir sollten uns nicht fragen: „Wer ist schuld?“. Sondern: „Was können wir ganz persönlich tun, um diese Misere zu beheben und jungen Menschen die Ausbildung schmackhaft zu machen?“ Und da fällt mir eine Menge zu ein. Dazu später mehr. Du hast jetzt schon Lust auf mehr spannende Zahlen?
Die ganze Studie mit Kommentaren von Professor Christoph Beck und mir ganz einfach hier herunterladen.
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