Testpsychologie: Meilensteine der Persönlichkeitstests
Woher weiß man als Jugendlicher für welchen Beruf man geeignet ist?
Jugendlichen wird von frühster Kindheit an eingeimpft, dass sie sich für einen Beruf entscheiden sollen, der Ihnen Freude bereitet und zu Ihnen passt. Nur so sei zu gewährleisten, dass Durststrecken und Phasen scheinbarer Stagnation auf dem Weg in den Beruf überwindbar sind.
Einen Beruf zu finden, der zu den Fähigkeiten und Charaktereigenschaften des/der Jugendlichen passt, ist heutzutage somit sehr bedeutsam.
Auch auf unternehmerischer Seite verursachen Fehlentscheidungen bei der Passung Kosten und Aufwand, der vermieden werden kann. Neben der fachlichen Eignung, die in den meisten Fällen trainierbar ist, sind besonders die Persönlichkeitsmerkmale des Bewerbers entscheidend für eine optimale Passung.
Was bringt Ihnen der pfiffigste IT-Nerd, wenn dieser nicht fähig ist mit seinen Kollegen zu kommunizieren? Wie entscheiden Sie sich zwischen zwei Kandidaten, wenn die fachlichen Eignungen gleich gut ausfallen?
Während der Einsatz von Persönlichkeitstests für das Azubi-Recruiting noch relativ neu ist, so ist dieses Vorgehen im Management-Recruiting schon längst üblich.
Meilensteine der Persönlichkeitstests
Um einen kurzen Überblick und Einstieg in die Materie zu bekommen, sehen Sie hier die wichtigsten Meilensteine in der Entwicklung der Persönlichkeitstests.
- 495-435 v. Chr. – Empedokles
Der griechische Philosoph postuliert die Theorie, dass alles Sein aus vier Grundelementen besteht, nämlich Feuer, Wasser, Luft und Erde. Diesen Elementen ordnet er Charaktereigenschaften zu.
- Ca. 400 v. Chr. – Hippokrates – Corpus Hippocraticum
Als Begründer der modernen Medizin gehandelt, stellt der griechische Gelehrte die Theorie auf, dass der menschliche Körper vier Säfte enthält, die den Gesundheitszustand beeinflussen: Blut, Schleim, Gelbe Galle und Schwarze Galle.
- Ca. 200 n. Chr. – Galen (Galenos von Pergamon) Der griechische Arzt ordnet diesen vier Körpersäften menschliche Temperamente zu. Diese frühe Form der Typologisierung ist heute noch bekannt, nämlich die Unterteilung in Sanguiniker, Phlegmatiker, Choleriker und Melancholiker.
- 1797 – Immanuel Kant – Anthropologie in pragmatischer Hinsicht
In diesem Werk greift der deutsche Philosoph die Lehre der Körpersäfte erneut auf und ist damit mitverantwortlich dafür, dass uns heute noch die vier Temperamente geläufig sind.
- 1869 – Francis Galton – Hereditary Genius
Er wird als Begründer der Differentiellen Psychologie und der Persönlichkeitspsychologie gehandelt. Berühmt wurde Galton als Pionier für die Annahme, dass es einen Zusammenhang zwischen benutzter Sprache und Persönlichkeitsmerkmalen gibt. Hierzu hat er sich als Erster wissenschaftlich mit Wortassoziationen und damit verbundenen Reaktionszeiten beschäftigt. Er gilt auch als Vater der Psychometrie, dem psychologischen Messen.
- 1921 – Hermann Rorschach – Psychodiagnostik
Dieses Buch dient als Grundlage für den Rorschachtest, ein psychodiagnostisches Verfahren in dem Persönlichkeitsmerkmale des Probanden mittels der Interpretation eines Tintenklecksbildes erfasst werden. Ein wissenschaftlich unbrauchbares Verfahren, das sich allerdings für eine kurze Zeit einer gewissen Beliebtheit erfreute.
- 1921 – Carl G. Jung – Psychologische Typen
Der Schweizer Psychiater und Begründer der analytischen Psychologie versucht Menschen aufgrund Ihrer verschiedenen Persönlichkeiten zu klassifizieren. Jung unterscheidet zum einen zwischen den beiden Einstellungstypen extravertiert und introvertiert und den sog. Bewusstseinsfunktionen: Denken, Fühlen, Empfinden und Intuieren. Hieraus ergeben sich acht Kombinationen, die als Basis für den Myers-Briggs Typenindikator dienten.
- 1923 – Myers-Briggs – Typenindikator
Im Personalwesen heute noch weit verbreitetes Instrument zur Erfassung von Persönlichkeitsmerkmalen. Auf Basis der Jungschen Typenlehre entwickeln Katherine Cook Briggs und ihre Tochter Isabel Myers den Myers-Briggs-Typenindikator (MBTI) zum Einsatz im Recruiting. Auch wenn dieser Test heute noch im amerikanischen Sprachraum weit verbreitet ist, so wird er von der wissenschaftlichen Psychologie abgelehnt, da er an den testpsychologischen Mindestanforderungen der Validität und Reliabilität scheitert.
- 1940 – Louis Leon Thurstone
Der amerikanische Sohn schwedischer Einwanderer gründet die Gesellschaft für Psychometrie. Thurstone beschreibt sieben Primärfaktoren der Intelligenz, nämlich Zahlenverständnis, Sprachverständnis, räumliches Vorstellungsvermögen, Gedächtnis, schlussfolgerndes Denken, Wortflüssigkeit und Auffassungsgeschwindigkeit.
- 1946 – Raymond Cattell – 16PF Questionnair
Cattell entwickelte ein Modell mit 16 bipolaren Dimensionen und gehörte zu den Vorreitern der computerunterstützten Auswertung. Er gilt neben Francis Galton und Louis Leon Thurstone als Wegbereiter für das am weitesten verbreitete Modell, das Big Five bzw. das Fünf Faktoren Modell (FFM).
- 1961 – Ernest Tupes und Raymond Christal – Big Five
Ernest Tupes und Raymond Christal brechen das vorangegangene Model auf fünf zentrale Faktoren herrunter: Neurotizismus, Extraversion, Offenheit für Erfahrungen, Gewissenhaftigkeit und Verträglichkeit. Auch wenn dieses Fünf Faktoren Modell bis in die 1980er kaum akademische Anerkennung findet, haben sich die Big Five mittlerweile als international anerkanntes Standardmodell etabliert.
- 1990 – Paul Costa and Robert McCrae – Revised NEO Personality Inventory
Anhand von 240 Fragen misst dieser Test die Big Five Persönlichkeitsaspekte. Diesen Test gibt es auch in einer verkürzten Version namens NEO Five-Factor Inventory (NEO-FFI). Er wird seit entstehen laufend aktualisiert, die letzte Aktualisierung wurde 2010 publiziert.
In unserer letzten Studie haben wir herausgefunden, dass sich junge Bewerber und Auszubildende wünschen, in Einstellungstests auch nach Persönlichkeitsaspekten befragt zu werden. Daher bieten wir seit Neustem die Kompetenzfeststellung an.
Die Kompetenzfeststellung ist eine Form des Einstellungstests in der fachliche Qualifikationen zusammen mit persönlichen Aspekten gemessen werden. Dies verschafft Ihnen ein ganzheitliches Bild vom Bewerber und bietet somit eine detailliertere Entscheidungsgrundlage für Ihr Recruiting.