Qualifizierungsangebote für Ausbilder – Netzwerk Q 4.0
Es gehört zu meinem sonntäglichen Ritual, ein wenig auf Twitter zu stöbern, ob sich ein spannender Tweet zum Thema Ausbildung findet. So habe ich auch das Netzwerk Q 4.0 gefunden und sofort den Kontakt gesucht.
Worum es im Netzwerk Q 4.0 geht und was daran für Sie interessant sein könnte – darüber habe ich mich mit Jackie Reichert vom Bildungswerk der Baden-Württembergischen Wirtschaft e.V. unterhalten:
Frau Reichert, würden Sie sich und das Projekt „Netzwerk Q 4.0“ unseren Lesern kurz vorstellen?
Hallo, ja klar gerne. Mein Name ist Jackie Reichert und ich bin regionale Projektleiterin im Projekt Netzwerk Q 4.0. Gleichzeitig betreue ich auch die Öffentlichkeitsarbeit und Social-Media-Kanäle für unser regionales Projektteam im Südwesten (BaWü, Saarland & Pfalz). So sind Sie ja auch auf uns aufmerksam geworden. Das bundesweite Projekt „Netzwerk Q 4.0 – Netzwerk zur Qualifizierung des Berufsbildungspersonals im digitalen Wandel“ möchte das Berufsbildungspersonal dabei unterstützen Fach-, Sozial- und Selbstkompetenzen weiterzuentwickeln, um somit Inhalte und Prozesse der dualen Ausbildung im digitalen Wandel passend zu gestalten. Mit Hilfe von neuartigen Qualifizierungsangeboten möchten wir eine methodisch und inhaltlich zeitgemäße duale Berufsausbildung fördern. Dafür erarbeiten und erproben wir passgenaue Weiterbildungsformate für und gemeinsam mit Ausbilderinnen und Ausbildern vor dem Hintergrund der jeweiligen regionalen und branchenspezifischen Unterschiede. Ziel des Projekts ist es, gemeinsam einen bundesweiten Qualitätsstandard zur Qualifizierung des Berufsbildungspersonals 4.0 zu entwickeln.
Nun gibt es Sie als Netzwerk ja noch nicht so lange und dann kam direkt Corona. Welche Erfahrungen mit digitalen Angeboten haben Sie denn in der Corona-Zeit gemacht?
Digitale Angebote waren für uns – auch vor Corona – ein wichtiger Bestandteil des Projekts, doch so waren wir quasi gleich zu Projektbeginn ausschließlich auf digitale Angebote beschränkt. Gerade für die Kontaktaufnahme mit Ausbildenden und Personalverantwortlichen sowie für die Bedarfserhebung in Form von Interviews war das auf jeden Fall eine Umstellung. Gleichzeitig verhalf uns die Corona-Krise bei der Etablierung von regelmäßigen digitalen Lernangeboten zu mehr Akzeptanz. Die Neugier für solche Formate war bei Vielen bereits geweckt und sie wurden von der Zielgruppe besser angenommen. Wir machten auch die Erfahrung, dass digital deutlich mehr geht als wir anfangs glaubten, zum Beispiel gelang es uns auch digital eher unerfahrene Teilnehmende an unsere Tools für Meetings oder für die kreative Ideensammlung heranzuführen. Auch Formate wie zum Beispiel einen Ideenworkshop nach der Design-Thinking-Methode veranstalten wir digital.
Gleichzeitig haben wir als Projektteam von der Vielzahl an digitalen Angeboten profitiert, bei denen man sich einerseits unkompliziert weiterbilden konnte bzw. für eigene Angebote inspiriert wurde. Langfristig sind die Erfahrungen aus der Corona-Krise wahrscheinlich sogar sehr wertvoll für unser Projekt, da viele Ausbilderinnen und Ausbilder erkannt haben, dass der digitale Wandel auch die Ausbildung erreicht hat und sie selbst auch schon die Vorteile von digitalen Formaten erfahren konnten. Ein Ausbilder hat über seine ganz persönlichen Erfahrungen dazu in unserem Blog-Beitrag vom 04. Mai 2020 berichtet.
Gibt es Erkenntnisse aus Ihrer ersten Projektphase, die Sie gerne mit unseren Lesern teilen möchten?
Trotz Corona-Krise haben wir schon einige Angebote mit Ausbildern und Ausbilderinnen erfolgreich durchgeführt, wie zum Beispiel regionale Netzwerktreffen, Ideenworkshops und Interviews. Wir waren positiv überrascht, wie gut die Teilnehmenden sich bei der Umstellung von analog zu digital zurechtgefunden und wie zahlreich sie sich beteiligt haben. Für kurze Online-Sessions ist schließlich immer Zeit, weil man sich die Zeit für die Anfahrt spart. Andererseits ist die Verbindlichkeit geringer und man meldet sich schneller mal an – und wieder ab.
Bei unserem ersten regionalen Netzwerktreffen in Baden-Württemberg wurde die Vorstellung von guten Praxisbeispielen einzelner Unternehmen sehr geschätzt sowie auch die Abfrage der eigenen Erwartungen mit Hilfe einer Online-Pinnwand.
Innerhalb eines virtuellen Ideenworkshops wurden Skizzen für mögliche Qualifizierungsangebote erstellt und die dazugehörigen Prototypen mittels Kunststoff-Bausteinen per Kamera präsentiert. Dabei war die Konzentration auf die Aufgabe sogar besser möglich als in einem Präsenzmeeting, weil ja (leider) die Pausengespräche entfielen.
Die Rückmeldung der Teilnehmenden war, dass vor allem Bedarf bei der Qualifizierung in Methodik und Didaktik besteht – nicht nur online, sondern auch offline. Die technisch-inhaltlichen Themen der Zukunft stehen bei ihnen meist nicht so stark im Fokus, was damit zusammenhängen könnten, dass man eben deren Relevanz für die eigene Ausbildung noch gar nicht abschätzen kann. Das ist nur zu verständlich, wenn der Informationsfluss innerhalb der Unternehmen nicht vorhanden oder die Geschäftsführung selbst unsicher in Bezug auf strategische Entscheidungen ist, weil die Übersicht bezogen auf Zukunftstechnologien fehlt. Auf der anderen Seite sind manche Unternehmen schon aktiver als (selbst) gedacht. Bei der Selbsteinschätzung helfen die Fragen zum Ausbildungsindex 4.0, den das IW in seiner Studie erstmals aufgesetzt hat.
Wie können sich Ausbilder, die Ihr Projekt spannend finden, denn in das Projekt einbringen?
Da bietet das Projekt ganz vielfältige Möglichkeiten! In jedem Bundesland gibt es regionale Koordinierungsstellen, die erster Ansprechpartner für alle interessierten Ausbilderinnen und Ausbilder sind. Wir als Projektbeteiligte sind alle daran interessiert, möglichst viele Informationen aus und Einblicke in die betriebliche Ausbildung zu erhalten, sei es über Interviews oder Hospitationen vor Ort. Hier freuen wir uns über jede offene Tür! Außerdem werden wir noch viele Ideenworkshops zu einzelnen Themen veranstalten (z.B. Virtuelle Realität, 3D-Druck, Digitale Vernetzung), zu denen wir Experten aus der Praxis einladen, um die Relevanz der Themen für die Ausbildung zu ermitteln. Dabei lernen die Teilnehmenden die Methode Design Thinking – oder wie ich sage: Denken lenken – kennen. Dadurch stellen wir sicher, dass die entwickelten Qualifizierungsangebote bedarfsgerecht sind und rege besucht werden. Man kann auch erst an diesem Punkt „einsteigen“ und so von den projektfinanzierten Ergebnissen profitieren. Aber besser ist natürlich, von Anfang an mit dabei zu sein und sich gemeinsam mit anderen Unternehmen auf den Weg zu begeben, um seine eigene digitale Strategie für die Ausbildung festzulegen.
Herzlichen Dank für das spannende Interview, Frau Reichert.
Mehr Informationen zum Projekt Netzwerk 4.0
Das bundesweite Projekt „Netzwerk Q 4.0 – Netzwerk zur Qualifizierung des Berufsbildungspersonals im digitalen Wandel“ ist ein gemeinsames Projekt des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), welches das Gesamtprojekt koordiniert, und der regionalen Bildungswerke der Wirtschaft. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Auf der bundesweiten Webseite unter netzwerkq40.de finden Sie mehr Infos und sehen, welches Bildungswerk für welche Region zuständig ist.
Wenn Sie aus dem Südwesten (BaWü, Saarland und Pfalz) kommen, können Sie sich auch bei uns im Blog unter biwe.de/q40 informieren oder sich direkt per Mail an q40@biwe.de bei uns melden.