Interview mit Denis Buss, Agentur Jugendstil
Die Einstieg GmbH unterstützt junge Menschen beim Start in den Beruf. Durch ein vielseitiges Angebot an Studien- und Ausbildungsmessen, Informations- und Beratungsangeboten hilft Einstieg Schüler und Schülerinnen, berufliche Orientierung zu finden. Wie das genau vonstatten geht und was Unternehmen machen können, um anziehender für die junge Zielgruppe zu sein, erklärt uns Denis Buss.
u-form: Herr Buss, stellen Sie sich unseren Lesern doch kurz vor.
Denis Buss: Ich bin Leiter Strategieentwicklung bei der Agentur Jugendstil, einem Geschäftsbereich der Einstieg GmbH. Ich helfe Unternehmen und Hochschulen dabei, die passenden Azubis oder Studierenden zu bekommen – mit individuellen Maßnahmen, die auch gerne ungewöhnlich sein können.
u-form: War das immer schon Ihre Berufung – der Vermittler zwischen z. B. potenziellen Azubis und Ausbildungsunternehmen zu sein?
Denis Buss: Nein, eigentlich wollte ich der Vermittler zwischen Malaga/Stracciatella und Eiskonsumenten sein – leider ist mein Kindheitstraum, Eisverkäufer zu werden, nicht wahr geworden. Aber angetrieben durch eigene Fragen in der Berufsorientierung wurde ich zum Coach für Jugendliche und leitete bei Einstieg ab 2006 die Studien- und Berufsberatung. Das Einstieg Team hat von jeher viel Manpower in Inhalte investiert und versucht, die Jugendlichen und ihre Wünsche wirklich zu verstehen. Welche Ausbildungen finden Jugendliche überhaupt attraktiv? Welche Vorstellungen haben sie vom perfekten Studium? Alles Fragen, die eigentlich immer schon wichtig waren, allerdings erst jetzt – im Arbeitnehmermarkt – plötzlich von Hochschulen und Unternehmen wirklich aufgegriffen werden.
u-form: Sie sagten eingangs, dass die Maßnahmen auch gerne ungewöhnlich sein können – was meinen Sie damit?
Denis Buss: Ich bin ein großer Fan von Employer Branding – und damit auch von Ecken und Kanten im Arbeitgeberprofil. Die meisten Unternehmen lassen diesen Aspekt allerdings schleifen und wollen der Zielgruppe lediglich „gefallen“. Das klappt meiner Meinung nach nicht. Und schon gar nicht mit den ganz jungen Bewerbern, den angehenden Azubis. Die Untersuchungen der renommierten DEBA (Deutsche Employer Branding Akademie) zeigen genau in diese Richtung: Viele Unternehmen müssten mehr Trennschärfe zum Wettbewerb wagen, um überhaupt erstmal wahrgenommen zu werden.
Zurück zu Ihrer Frage: Ungewöhnliche Situationen erfordern ungewöhnliche Maßnahmen. Dass so viele Unternehmen gerade Probleme haben, genügend bzw. passende Azubis zu bekommen, ist ungewöhnlich. Schließlich gibt es genügend junge Menschen da draußen. Also warum nicht auch als KMU neue, bzw. eben ungewöhnliche Wege der Ansprache beschreiten? Warum nicht mal mehrere Touchpoints in der Ansprache von Schülern nutzen und sowohl live auf Events als auch in sozialen Medien die Schüler immer wieder überraschen, begleiten und schließlich überzeugen?
u-form: Stehen Hochschulen vor den gleichen Problemen? Junge Leute entscheiden sich immer noch verstärkt für ein Studium – also dürfte dort die Not nicht so groß sein?
Denis Buss: Doch, ist sie. Die Hochschulen spüren, dass die fetten Jahre bald vorbei sind. Das bekommen sie z. B. schon lange beim Thema Passung vor Augen geführt: „Haben wir überhaupt die richtigen Studierenden? Passen die zu uns? Studieren die das Richtige? Wie viel Ressourcen können und wollen wir bei der passgenauen Suche investieren?“
Auch Hochschulen machen aufwendige Kampagnen um an Bewerber zu kommen. Deren Marketingabteilungen professionalisieren sich und holen sich oft auch Unterstützung von Werbeagenturen. Der Weg der Agentur Jugendstil ist hier etwas differenzierter und kein reiner „Werber-Weg“. Wir kennen im Vergleich zu den reinen Werbeagenturen die Zielgruppe genau und wissen, welche Maßnahmen von jungen Menschen beim Übergang Schule-Beruf/Studium überhaupt wahrgenommen werden – oder wo Marketingbudget schlichtweg verbrannt wird.
u-form: Haben Sie ein Beispiel von Unternehmen, wo Geld „verbrannt“ wird, wie Sie es sagen?
Denis Buss: Ja, das Thema Anzeigengestaltung. Ich kann nicht begreifen, dass Unternehmen immer noch Anzeigen für ihre Ausbildungen auf Online-Portalen schalten. Nun gut, vielleicht gibt es einige junge Menschen, die so eine Anzeige lesen, und vielleicht ist die Anzeige wenigstens gut/kreativ/ein Hingucker und man kann sie auch gut auf der eigenen Karriereseite veröffentlichen. Aber leider ist das Ergebnis meist eben nicht gut/kreativ/ein Hingucker und komplett an der jungen Zielgruppe vorbei. Das genutzte Wording ist oft meilenweit entfernt vom gewünschten Wording. „Peinlich“, „Textwüsten“ und „unemotional“ sind hier drei Schlagworte, die mir spontan einfallen.
u-form: Herr Buss, am 30.6. beleuchten Sie auf den A-Recruiter-Tagen in einem kurzen Vortrag die „Arbeit 4.0“ und stellen Sie den typischen Merkmalen der „Generation Z“ gegenüber. Vorab gefragt: Wie sieht Ihre Zukunftsvision aus – positiv oder negativ?
Denis Buss: Ich glaube, ich werde den allerletzten Vortrag halten, da können Sie davon ausgehen, dass ich keinem das anstehende Wochenende ruinieren möchte. Also: absolut positives Fazit und hoffentlich eine rege Diskussion dazu. Wir alle gestalten die Arbeit der Zukunft. Und wir alle sollten uns nicht so stark über die Generation Z beschweren, sondern lernen, mit den Besonderheiten umzugehen – z. B. kreativ und ungewöhnlich.
u-form: Herzlichen Dank für das Gespräch und bis zum 30.6.!